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Das Kreuz mit dem Urheberrecht

Last updated on 1. Februar 2022

Landesgericht München: Online-Buchhändler dürfen auch kleine Ausschnitte von Rezensionen nicht ohne Erlaubnis nutzen

Für die Verwendung von Ausschnitten einer Zeitungs-Rezension, als Werbung für ein Buch, müssen Online-Buchhändler bei den Verlagen um Erlaubnis fragen. So entschied 2014 das Landgericht München im Streit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegen den Online-Händler buch.de. Ich weiß nicht, ob es inzwischen eine Revidierung des Urteils gab. Ich bin nicht Jurist, so wie die meisten Schreibenden.

Für Kulturschaffende ist eine Besprechung ihres Buches oft eine der wenigen Möglichkeiten, für sich und ihr Werk zu werben. Die Urheberrechts-Geister, die man rief, wird man nun allerdings nicht mehr los.

Nach Auffassung des Gerichts kommt bei Rezensionen

„die Individualprägung ihrer Urheber, die in feuilletonistischer Art und Weise die Originalwerke besprechen, so deutlich zum Ausdruck, dass ausreichendes individuell-schöpferisches Werkschaffem im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG festzustellen ist.“

„Die Urheberrechtsfähigeit ist auch bei bloßen Auszügen aus den betreffenden Artikeln anzunehmen, wenn sie einen gewissen Umfang erreichen und für sich gesehen selbständige persönliche Schöpfungen im Sinne des (§2 Abs. 2) Urheber-Gesetz darstellen Unter dieser Voraussetzung kann auch kleinen Teilen eines Sprachwerks urheberrechtlicher Schutz zukommen. Lediglich bei sehr kleinen Teilen – wie einzelnen Wörtern oder knappen Wortfolgen – wird ein Urheberrechtsschutz meist daran scheitern, dass diese für sich genommen nicht hinreichend individuell sind.“

Manche Urheberrechtsposition ist mitunter ein Schuss ins eigene Knie.

Die FAZ will nun eine lizenzfreie Genehmigung  von Auszügen aus Rezensionen gestatten, die „aus bis zu 25 aufeinanderfolgenden Wörtern“ bestünden. Das wäre eine Länge, die über den vom Landgericht München definierten Umfang hinausginge

25 aufeinander folgende Wörter sind bereits mehr als erlaubt. Als Autor wird mir schlecht. Es wird bald keine Möglichkeit mehr für längere Texte geben. Romane werden in Kürze automatisch durchforstet, Satzdubletten ausgewertet und geklagt. Wahrscheinlich reicht in naher Zukunft das Muster oder das Motiv eines Satzes, um einer Urheberrechtsverletzung beschuldigt zu werden. Wer soll unter solchen Bedingungen noch schreiben?

Wenn es so weiter geht, kommt es auch noch zur wahnwitzigen Patentierung origineller Wortfolgen.  Wehe, es verwendet jemand eine gelungene Metapher wieder – eine neue Einnahmequelle für Autoren, die sich aufgrund solcher Gepflogenheiten vom Veröffentlichen auf das Verfassen von Abmahnklagen verlegen müssen. Weil sie sich ihr eigenes Grab geschaufelt haben.

Published inUrheberrecht