Last updated on 13. Dezember 2019
Eine überbevölkerte Welt, in der Werbeagenturen ihre Kunden, im Jargon abfällig als Verbraucher bezeichnet, ungehemmt manipulieren, ihnen Produkte verkaufen, die abhängig machen und wechselseitig Süchte fördern. Ein verschmutzter Planet, der sich nur durch oberflächliche Vergnügungen ertragen lässt, durch das Kaufen von schickeren und besseren Waren, wofür unaufhörliche Manipulation durch Worte und Bilder sorgt. Ein Leben zwischen Verschuldung und Angst vor sozialem Abstieg, der bei Verlust des Arbeitsplatzes droht. Konzerne führen Handelskriege, die Politik ist längst machtlos geworden. Die Ausbeutung der Konsumenten hat Ausmaße erreicht wie nie zuvor.
Eine Bestandaufnahme des 21. Jahrhunderts? Ja, in dem 1953 von Frederik Pohl und C.M. Kornbluth verfassten Science-Fiction-Roman The Space Merchants, erschienen unter dem deutschsprachigen Titel Eine Handvoll Venus und ehrbare Kaufleute.
Mitchell Courtenay, Werbetexter der Starklasse, mit niedriger Sozialversicherungsnummer, einem Privileg, das er seinem beruflichen Erfolg verdankt, erhält als Auftrag, den Werbefeldzug für das Auswanderungsprogramm zur Venus zu leiten. Ein Vorhaben, das neue Märkte schaffen soll, denn die bestehenden sind ausgeschöpft, die Welt bereits erobert, die Auster sozusagen gegessen.
Der Roman beginnt in dichter Atmosphäre, man fühlt sich in ein zeitgenössisches Büro versetzt. Viele Mechanismen dieser durch und durch schonungslos kapitalistischen Welt kommen dem Leser allzu vertraut vor, obwohl bereits Anfang der fünfziger Jahre verfasst. Ein satirischer Handstreich, dem man sein Alter in vielen Passagen nicht anmerkt.
Nach gut einem Drittel kippt die Situation des Protagonisten, man leidet förmlich mit ihm mit, der Bruch erfolgt unvermutet rasch und brutal, er lernt die Welt des sogenannten Verbrauchers kennen und die ist oft nicht angenehm. In immer neuen Verwicklungen versucht er, seine Identität wiederzugewinnen, ein Thema, das einem Philip K. Dick-Roman entlehnt sein könnte, dessen erster Roman 1955 erschien.
Der Roman ließe sich gut verfilmen, er folgt über weite Strecken geradlinigen und genretypischen Zuspitzungen. Im letzten Fünftel überholt das Buch sich selbst, eine Kapriole nach der anderen schlagend, verliert es Bodenhaftung, um zum Schluss doch noch zur Venus abzuheben.
Was bleibt, ist pures Lesevergnügen, selbst wenn der Roman auf den letzten Seiten etwas an Qualität verliert. Das Autoren-Duo – Cyril. M. Kornbluth starb 1958 schon im Alter von 34 Jahren an einem Herzanfall, Frederik Pohl gewann später mehrere Male wichtige Science Fiction-Auszeichnungen (Nebula Award, Hugo Award) – hat eine bemerkenswerte Satire über Werbung und skrupellosen Kapitalismus verfasst, die ihnen einen verdienten Platz in der Geschichte utopischer Romane verschafft.
Quellen / Links:
C.M. Kornbluth, Wikipedia
Frederik Pohl, Wikipedia